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Disability Studies meet Covid-19

AKG-Lehrveranstaltung für das SoSe 2020

>> Anmeldung zur Distanzlehre bis 4. Mai auf ufgonline

Normativität, Eugenik, Volkskörper und Inklusionstools revisited

Die „neue Normalität“, die vor ein paar Tagen wortwörtlich von der deutschen Bundesregierung ausgerufen wurde, um die Bevölkerung auf langanhaltende Veränderungen einzuschwören, ist derzeit fast weltweiter Standard. Während der in Österreich rasch erfolgte Lockdown ein vernünftiger erster Schritt zum Schutz von Risikogruppen war, birgt bei den Diskussionen um weitere Vorgehensweisen jedoch gerade die Unvorbereitetheit von PolitikerInnen die Gefahr, sich von unbewusst verinnerlichten Prioritäten leiten zu lassen und dadurch Ungleichheiten zu reproduzieren. Die Tatsache, dass trotz der Existenz der EU Entscheidungen entlang von Landesgrenzen getroffen werden, zeigt, dass der Begriff des Volkskörpers noch latent in den Köpfen verankert ist und jede Nation ihren individuellen Umgang hiermit reklamiert. Begriffe wie „Herdenimmunität“ und „klinische Gebrechlichkeitsskala“ – letztere wird als Entscheidungshilfe für die Verteilung intensivmedizinischer Ressourcen herangezogen - klingen verdächtig nach dem Vokabular von Ideologien, die besonders im vorigen Jahrhundert in menschenverachtenden Bevölkerungspolitiken von Rassegesetzen bis hin zu Menschenexperimenten, Euthanasie und Genozid resultierten. Aber ist das tatsächlich schon Eugenik oder nur notwendige Gesundheitspolitik? Wie „up-to-date“ und humanistisch sind die ethischen Kriterienkataloge, mit deren Hilfe über die Rettungswürdigkeit von Individuen oder Förderwürdigkeit ganzer Lebensbereiche entschieden wird? Hier ergeben sich viele Überschneidungen mit den Forschungsthemen der Disability Studies, die immer wieder auf die marktwirtschaftlichen Entstehungszusammenhänge der Konstruktion von Behinderung hinweisen. Die aktuelle Coronavirus-Pandemie eignet sich ideal als Vergrößerungsglas, um von der Sicht der Disability Studies auf die Gesellschaft zu lernen. Eigenen Wahrnehmungen zum Wegfallen identitätsstiftender Gewohnheiten, die derzeit alle betreffen, soll dabei ebenso ein Forum geboten werden wie auch der Diskussion derjenigen Frage, die aktuell auch oft unter FreundInnen mit unterschiedlichen Lebensbedingungen zu hitzigen Debatten führt: Wer ist hier eigentlich mehr und legitimer Opfer?s

Methode: Bereitstellung von Materialen (Texte, Erfahrungsberichte, Videovorträge, Webtools, künstlerische Arbeiten) im moodle, Online Sessions zur Besprechung geplant. Beurteilung: Prüfungsimmanenter Charakter, kleines künstlerisches Projekt / nach Absprache.

Einladung zur Vorbesprechung nach Anmeldung (bis 4.5.)

Kontakt: nina.stuhldreher(at)ufg.at

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