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AUSSTELLUNGSBETEILIGUNG

GRAND OPENING DER LANDESGALERIE NÖ

Eröffnung: 25. und 26. Mai 2019; Ausstellung bis 19. April 2020 Landesgalerie NÖ, Museumsplatz 1, Krems an der Donau

Die Installation "Wohin verschwinden die Grenzen? Kam mizí hranice?" von Hubert Lobnig, Lehrendem der Künstlerischen Praxis, und Iris Andraschek ist im Rahmen der Ausstellung "Sehnsuchtsträume" zu sehen. Sehnsuchtsträume Berührte Natur und besetzte Landschaften
www.lgnoe.at/ausstellungen/aktuell/sehnsuchtsraeume

Wohin verschwinden die Grenzen? Kam mizí hranice? 2009 / 2014 / 2019

Installation und Ausstellung am Grenzübergang Fratres/Slavonice
von Iris Andraschek und Hubert Lobnig "Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde ein grenzenloses Europa gefeiert, nach der  Erweiterung der Europäischen Union und nach der Unterzeichnung des Schengener Abkommens am 28. April 1995 wurden sichtbare  Grenzeinrichtungen innerhalb eines vereinbarten festgelegten Zeitplans abgebaut. So wurden um das Jahr 2010 an den Grenzen von Österreich zu Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien Grenzhäuser veräußert, Grenzbalken, Kontroll- Pavillions und Flugdächer demontiert und verschrottet. Schon ab der Jahrtausendwende passierte das parallel mit der kontinuierlich wachsenden Überwachung der EU-Außengrenzen . Die Festung Europa versuchte sich an den Außengrenzen vor Eindringlingen abzuschotten und beauftragt internationale Sicherheitsfirmen mit der Überwachung ihrer Grenzen. Täglich ertranken Menschen im Mittelmehr. Die Befestigungen in Marokko und die italienische Insel Lampedusa wurden zum Symbol für die Flucht aus Afrika nach Europa. Mit 2015, dem Start einer riesigen Flüchtlingsbewegung, die vor allem durch die Unsicherheit im arabischen Raum und durch den Ausbruch des Krieges in Syrien ausgelöst wurde, steuerte die Diskussion nach einer kurzen sehr freundlichen Hilfewelle plötzlich in die Gegenrichtung. Die schon in Jubiläen (25 Jahre) gefeierten Grenzöffnungen, und der Grenzabbau wurde hinterfragt und partiell zurückgenommen.  Es äußerten sich unterschiedlichste Auffassungen bezüglich der Flüchtlingsaufnahme innerhalb der EU. Ungarn errichtete einen Grenzzaun an seiner Südgrenze. Österreich begann an strategischen Stellen Zäune und Blockaden aufzustellen. Längst verlassene Grenzposten wurden wieder besetzt. Identitäts-, Transport- und Transitkontrollen an Straßen und Autobahnen verstärkt. Absprachen und Vorkehrungen der Verhinderung und Abhaltung von „Flüchtlingsströmen“ wurden mit Nachbarländern ausverhandelt und über Nacht umgesetzt. Entsprechend weniger paradox und mehrdeutig als noch 2009 klingt heute der Satz „Wohin verschwinden die Grenzen?“, den wir 2009 an einer Böschung zwischen Fratres und Slavonice nur wenige Meter von einem ehemaligen, geschichtsträchtigen Grenzposten zwischen Österreich und Tschechien schrieben. Würden sie wirklich verschwinden, stellten wir damals fest, müssten wir nicht fragen, wohin.  Denn sie wanderten unerbittlich, verschwanden und tauchen andernorts wieder auf. Die Grenzen wurden vor allem sichtbar und spürbar an den EU-Außengrenzen in Form von gigantischen Absperrungen mit Stacheldrahtzäunen, Überwachungsanlagen, Sammelzentren und Lagern, in strengen Personen- und Warenkontrollen - weit entfernt von den historischen Grenzen. Sie wurde und werden sichtbar in überwachten und eingezäunte Siedlungen, in Diskussionen und Maßnahmen zur Sicherheit und Migration, zum Bleibe- und Aufenthaltsrecht und zu Abschiebemaßnahmen.   Die Metallkonstruktion und der Schriftzug „Wohin verschwinden die Grenzen? Kam mizí hranice?“ wurde 2009 errichtet. Sie ist vier Meter hoch und über fünfzig Meter lang, ist Display und gleichzeitig ein Verweis auf staatliche und private Abgrenzungsstrategien. Für zwei Jahre hing eine Fotoarbeit, die wir mit Laiendarsteller_innen mit Migrationshintergrund in Čížov (wo ein letzter Rest musealisierter „Eiserner Vorhang“ steht) inszenierten, daran. Die Fotoarbeit wurde im Herbst 2011 von Wind und Wetter verblichen, wieder abgenommen. Eine Wiederaufnahme, Erweiterung  und Weiterführung der Arbeit erschien 2014 sinnvoll, hatte sich doch die Diskussion um Grenzen auch in der EU latent zugespitzt. Wir waren nach 1989 scheinbar innerhalb der EU ein Stück freier geworden. Jetzt stellte sich eine allgemeine Beklommenheit in Anbetracht der andernorts neu errichteten Zäune und Mauern her. Die aktuelle Museumsinstallation  in der Ausstellung Sehnsuchtsraum Landschaft von Günther Oberhollenzer verweist auf die Installation  in Fratres / Slavonice und den aktuell weltweit zugespitzt geführten Grenzdiskurs." Hubert Lobnig

Iris Andraschek und Hubert Lobnig, Wohin verschwinden die Grenzen, Installation, 2009